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Auf rund vier ha baut Daniel Landerer den Kaiserstühler Standard, Sauvignon blanc und Müller-Thurgau an. Das Programm ist in drei Linien gegliedert: "Alleskönner 365", "Ortswein", die im Moment einen Grauburgunder "Oberbergener Bassgeige" umfaßt, sowie "Pioniere 52" mit Lagenweinen aus weißen Burgundern sowie Spätburgunder.

Wir begleiten das Weingut seit 2013 und erlebten die Entwicklung der Weine weg von saftiger Herrlichkeit hin zu handwerlicher Perfektion, herausfordernder Komplexität (dazu unten mehr) und Kraft, die wir früher mit dem Begriff "Rausschmeißer" beschrieben (auch dazu unten mehr). In gewisser Weise gilt das für Landerers Weine weiterhin. Wie manche Winzerinnen und Winzer der neuen Generation - wir haben einige in unserem Portfolio - pfeift Landerer auf die wahlweise leichte oder wuchtige und immer vorhersehbare Kaiserstühler Machart und entwickelt erfolgreich und unbeirrt seinen eigenen Stil fort.

Basislinie

Was soll man über des Kaiserstuhls 2015er Jahrgang schreiben. Auch im 2015 Sauvignon blanc wehren sich Sortentypizität und Säure verzweifelt gegen den kleisterhaften Restzucker. Zwar ist der Wein aromatisch kräftig, entfaltet sich schön und bleibt im trockenen Nachgang lange haften, die einzigartig grüne, manchmal metallene Schärfe eines Sauvignon blanc dagegen ist zugedeckt, und als klassischer Spargelbegleiter ist er uns zu süß. Ähnlich wirkt der 2015 Grauburgunder, stilistisch aber schlanker, meditativ apfelfruchtig, salzige und steinige Noten ziehen sich hindurch, die Säure bäumt sich schön auf. Im Vergleich mit diesen beiden geht der 2015 Weissburgunder gekonnter mit dem Zucker um. Schillernde Aromatik mit Zitrus, Blutorange-Noten aus teilweisem Holzausbau, Butterteig und ein stark mineralisches Rückgrat. Er besticht für seine Jugend durch ungewöhnlich feine Säure und ist entsprechend saftig, bleibt aber Landerer-typisch filigran. Nicht weniger schillernd zeigt sich der 2017er - im zurückhaltenden Duft zunächst floral, später gezuckerte Melone, ein Zitrustouch, im Mund vorherrschend wieder Zitrus, ein Hauch von süßer Orange, leise Mineralik, langer, kraftvoller Abgang, mit der Zeit weicher, opulenter, schmelzig werdend. Der 2014 Spätburgunder, eine 2016er Abfüllung, ist ein erstklassiger Basiswein mit herbsttypischer Aromatik: frisch und kühl im Duft, etwas Vanille und Marzipan, viel reife Zwetschge und Brombeere. Nicht zu süß, auf der Zunge warm, kräftig, sogar rau, trockener und ganz gemächlicher Nachgang. Entfaltet sich am besten, wenn ihm rezente Küche zur Seite steht. Insgesamt schon so vielschichtig, daß er durchaus beschäftigt, aber für Philosophen und Forscher gibt es ja den Spätburgunder aus der Serie der Lagenweine.

Spitzenlinie

Der Charakter der Lagenweine? Aus langen Maischestandzeiten, teilweiser Spontangärung und Barriquereifung entstehen kraftvolle und gleichzeitig filigrane Weine von badischer Frucht und burgundischem Charakter. Gastronomiequalität: handwerklich erstklassig, untermalen sie feine Speisen und widerstehen kräftigen, verlangen nicht unbedingt Aufmerksamkeit, wenn man in der Konversation gefangen ist, sind jedoch präsent, sobald man sich fragt, was man da eigentlich im Glas hat.

Am 2014 Spätburgunder Schlossberg läßt sich die unnachahmliche Duftwelt des Barriqueausbaus studieren: Zimt, Gewürznelke, etwas schwarzer Pfeffer, eine Ahnung der berühmten Zigarrenkiste, das alles perfekt miteinander verwoben. Der Wein wirkt nicht extrahiert oder buttrig, sondern glasklar: Zimtpflaume, Kirsche, ein Kräuterbeet im prallen Sonnenschein, das alles anstrengend, extrem, aber klar definiert und von weicher Vanille im Zaum gehalten. Ein zum Jahresende 2017 geöffnetes Exemplar mahnte Geduld an, zeigte weiterhin den typischen Rausschmeißer-Charakter, entfaltete ihn jedoch hintergründiger, geschliffener. Im Winter 2020 wirkt der Wein rohseidenweich, sein Duft überwätigend und von frischem Tabak dominiert, die Aromatik verlagert sich in Richtung Pflaumenkompott, Nelke und Zedernholz. Der 2015 Weissburgunder Langeneck präsentiert sich stark mineralisch, in seiner Aromatik ungezähmt mit Mandeln und Zitrus, wirkt am Gaumen dicht, kompakt und ist damit eine Reminiszenz an den frühen Landerer-Stil oder sagen wir: eine Verneigung vor den Ahnen. Was er außerdem in vielleicht drei Jahren noch an Duft, Weichheit und Präzision schenken wird, ist im Kalkboden des Langeneck nordöstlich von Oberbergen ja angelegt. Den 2017 Grauburgunder Kirchberg öffneten wir an Neujahr 2021. Im Duft Apfel, Ananas, fast überreife Honigmelone, Banane, Rosinen, über eine vegetabile Note von brauner Zwiebelschale herrschte in der Runde Uneinigkeit, über den Hauch kalkiger Mineralik und warmen, süßen Kuchenteig hingegen nicht, und sofort ist klar, was wir mit "herausfordernder Komplexität" meinen. Im Mund präsentiert sich der Wein ungemein würzig und saftig, zieht Wasser, irrlichtert zwischen kräftiger Säure und feiner Süße von reifem Kernobst, die sich wie ein Teppich über den Gaumen legt. Wieder diese zuückersüße Honigmelone. Langer, weicher Abgang, aber was heißt weich: die Säure ist rundgelutscht, würzig, kräftig und streng ist der Wein immer noch, kurzum: wieder ein Fortschritt im Vergleich zum satt orangenfruchtigen 2015er, der Noten von Feuerstein und Rauch zeigte und uns wegen seines spektakulären, butterweichen Vanille-Nachgangs in Erinnerung bleibt. Noch ein highlight? Der 2015 Chardonnay Steingrube ist für uns der von allen Weißen in Geist und Gaumen am längsten präsente. Perfektes Traubengut, zum Teil spontan vergoren und vollständig in neuem Holz ausgebaut, dessen Einfluss vom Wein fast komplett geschluckt ist - zurück bleiben kalifornischer Charakter, hohe Komplexität und Abgrundtiefe. Geschmacklich zitrusstark, süßer, schmelziger Teig, konzentrierte Mineralität und beeindruckende Finesse. Ein Mundgefühl, als ob Sahne über die Zunge liefe. Im Sommer 2021 wirkt der Wein noch nicht auf dem Höhepunkt seiner Entwicklung.

Die Weine vor 2015

Hier ein Abriß von Landerers frühen Weinen, deren Stil klar auf der schweren, aromatisch intensiven Seite lag und deren Zeit im ein oder anderen Fall abgelaufen ist. War der 2013 Grauburgunder Trocken „Lössterrass“ mit seiner zitrusfruchtigen Exotik schon zuckersüß, füllig und saftig, kam der saftige, etwas ölige 2013 Grauburgunder "Einserlag" noch gewaltiger daher. Blumig im Duft, weiche Vanille, mineralische Töne, im Mund Rumrosinen, exotische Gewürze, Kräuter, eingelegte Früchte, frischer, buttriger Teig, salzige Ahnung. Langer Nachgang mit Vanille und Honig.

2012 Weißer Burgunder trocken „Vulkanstei“: aromatisch selten weitgespannt von klarer Primärfrucht wie Mirabelle, Apfel und Zitrus bis hin zur Winteraromatik mit Vanille, Karamell, Rumtopf, Orangeat. Mineralische Noten und lebendige, zupackende Säure runden ab, jedoch ist der füllige und weiche Wein nicht einfach zu trinken. Ähnlich intensiv mit Zitrus, Apfel, Vanille, Karamell und floralen Noten der 2014 Weißer Burgunder "Langeeck": schrammt am Gaumen wie 2000er Sandpapier entlang und entfaltet sich bis in den endlosen Abgang hinein.

2011 Spätburgunder Aus Lese (geöffnet Frühjahr 2016): im Duft pure Bourbon-Vanille, an der man sich kaum sattriechen kann, andererseits kommt auch nicht viel hinzu. Voll, tief, schwer, rumtopffruchtig süß, freche Säure, langer Abgang. Fast brutale Intensität, komplex, ermüdend, ein epikureischer Genuß. Die 2013er Abfüllung 2011 Spätburgunder „Vulkanstei“ überwältigt die Sinne mit Vanille, Haselnuß, Veilchen, viel Zimt, ganz leicht Gewürznelke, stilistisch jedoch klar, stark, konsequent trocken, vollmundig, animierend. Aromatisch mit süßer Zwetschge, herben, grünen Kräutern, Feuerstein und süßen Winteraromen wie Rumtopf und Brownies: saftiger, dunkler Teig umschließt warme Schokolade.

Wir danken Hans-Peter Rieflin für diese Empfehlung.