Bernhard König, Randersacker, Franken:
2014 Randersackerer Dabug Silvaner trocken

Der Wein lädt zur Reise durch die Silvaner-Aromatik: im Duft Birne satt, frische Nüsse, Grapefruitzeste, Karamell, dann wieder grüne Akzente. Im Mund zunächst kräftig, kantig, knackig und saftig dank seiner perfekt eingebundenen Säure; Zitronengras, Aprikose, feuchte Erde kommen hinzu. Später weich und harmonisch, bleibt trotzdem am Gaumen spritzig. Sehr langer Nachhall. Schönes Beispiel für einen Silvaner, der auch die perfekte Solo-Vorstellung beherrscht. Hervorragendes Preis-/Leistungsverhältnis.

Schmitts Kinder, Randersacker, Franken:
2014 Randersackerer Sonnenstuhl Silvaner trocken

Im durchdringenden Duft gelbe Früchte und getrocknete, auch scharfe Gartenkräuter. Im Mund zunächst sehr herb, dann zugänglicher, schließlich cremig. Kalk zeigt sich, zögernd Orange, nie süß werdend, später grüner Apfel. Der Körper entfaltet sich mit Wucht, bevor der Wein sich mit sehr langem Nachhall verabschiedet, tatsächlich aber endlos präsent bleibt. Eigentlich beeindruckt seine extrem feine und dennoch druckvoll-saftige Säure viel mehr als die etwas zurückhaltende Aromatik. Elegante Silvaner-Interpretation aus der legendären Lage Sonnenstuhl.

Wein von 3, Zeilitzheim, Franken:
2014 Silvaner

Unsere Notizen gehen ebenso wild durcheinander wie die Duft- und Geschmackswelt dieses Weines: floraler Duft, grüner Apfel, Mineralik. Im Mund klar, stark mineralische Noten wie von regennassem Stein, wo bleibt nur die zuckrige Seligkeit?, saftiger Apfel, etwas Zitrus, unterlegt mit der feinen Würze von Heu und frischen Küchenkräutern. Kräftig und dominant am Gaumen, nicht ganz so vollmundig wie Königs Silvaner. Langer Nachgang, und dann, wenn er beinahe schon weg ist, entfaltet er plötzlich eine zarte Kamillenote und sehr subtile Süße.

Nachtrag Februar 2017: Mit seiner ausgeprägten Mineralik prädestiniert sich dieser Wein als Begleiter salzig-nussiger Austern: eine provokante Kombination und ungleich interessanter als der übliche Champagner.

Nachtrag August 2018: so üblich Champagner, so interessant Silvaner sein mag, nichts bringt den Geschmack von Austern so rein zur Geltung wie französischer Wodka, nicht wärmer als 4° serviert. Höchstens noch eine Prise schwarzer Pfeffer fehlt.

Zehnthof Luckert, Sulzfeld am Main, Franken:
2015 Sonnenhof Silvaner "Gelbkalk"

Wieder ein Vertreter dieser neuen Silvaner-Generation, deren hochgezüchtete Weine viel eleganter ausfallen, als es das Silvaner-Erbe zulassen sollte, und vorsichtshalber verzichtet man auf den Bocksbeutel, um die Klientel nicht zu verschrecken. Frischer kalkiger Duft, im Mund blumig, apfel- und nussfruchtig mit ausgeprägter salziger Note. Fein, ausgewogen und so hochklassig, wie man es von Ulrich Luckert erwartet. Wir verglichen an dem Abend mit einer 2013er Spätlese "Ewig Leben" von Bernhard König. Das ist ein Silvaner, der Druck macht, der Ecken und Kanten hat, kurzum: alles, was der stilistisch hervorragende Luckert missen läßt. Deshalb wie bei Bickel-Stumpf weiter unten Sympathieabzug mangels Typizität.

Schmitts Kinder, Randersacker, Franken:
2011 Randersackerer Sonnenstuhl Silvaner Auslese

Der 0,375-Bocksbeutel wurde im Spätsommer 2018 geöffnet. Man mag sich fragen, warum ausgerechnet Silvaner für eine Auslese herhalten muß, aber der Wein trinkt sich trotz seines Zuckergehalts recht unkompliziert. Im Duft gebräunter Zucker, Orange, Haselnuß, Heu; im Mund überraschend jung und frisch, Zitronat, Maracuja, Honig. Am Gaumen sehr weich mit einer gewissen Opulenz und sanft über die Zunge schrammenden Säurenspitzen, seine Zucker- und Zitrusaromatik haftet unerhört lange und lädt zur Erforschung ein. Alleine viel zu süß, als Begleitung zum Obstsalat spielte er seine Rolle phantastisch. Sehr kühl servieren. Interessanter Exot, wenn es mal nicht der übliche Süßwein sein soll.

Bickel-Stumpf, Frickenhausen, Franken:
2014 Silvaner trocken

Tadellos sauber und in dieser Perfektion fast wieder unspektakulär. Aromatisch ungewöhnlich fein und eher vom mineralisch-kräuterbitteren Typ mit sich spät entfaltender, gelber Frucht. Auf der Zunge saftig, schmeichelnd, am Gaumen mild. Die ganze Zeit warten wir auf den silvanertypischen Biß, der sich nicht so recht einstellen will und trösten uns mit langem, sich schön entfaltendem Nachgang. Ein Silvaner für jene, die keinen Silvaner mögen, oder: gemacht für ein Publikum, das Erstklassiges erwartet, aber sich nicht ermüdend auf Typizität einlassen mag oder kann. Insofern anspruchsvollen Gästen jederzeit vorsetzbar, aber nichts, wofür der Gastgeber in Erinnerung bleiben wird.

Schreiber-Kiebler, Klein-Winternheim, Rheinhessen:
2012 Silvaner trocken

Im Duft grüne Kräuter und viel Puderzucker. Obwohl er im Frühjahr 2016 nicht mehr ganz der Jüngste ist, gibt er sich ungestüm prickelnd, fast hat man Kohlensäure im Glas, was dem Trinkgenuß nicht unbedingt guttut. Nachdem der Wein sich eine halbe Stunde lang beruhigt hat - frech und spritzig bleibt er trotzdem -, gibt er starken Zitrus, feine Pfirsiche, einen Hauch frischer Erde und wieder diese Puderzuckernote preis. Vollmundig, schöner Nachgang. Furchterregender Gegner jeder Bernaise oder Hollandaise und insgesamt anstrengend.

Michael Kinzinger, Berghof bei Enzweihingen, Württemberg:
2015 Silvaner "Vom Löss" trocken

Im Vergleich mit seiner fränkischen und rheinhessischen Konkurrenz sehr zurückhaltender Duft nach Spargel, Kräutern; etwas Zuckriges mag dabei sein. Im Mund zweifellos vergnüglich, transparent, absolut sauber, aber viel zu süß. Sehr empfindlich gegenüber Erwärmung. Guter Nachgang mit sich schön entfaltender Bitternote. Durchaus keine mißlungene schwäbische Silvaner-Interpretation, leider deckt der Restzucker jedoch die Sortentypizität zu und disqualifiziert den Wein als Begleitung klassischer Speisen. Vielleicht ein Alleinunterhalter für die Abendterrasse.

Borell-Diehl - Annette und Thomas Diehl, Hainfeld, Pfalz:
2016 Silvaner "Heiligenberg" trocken

Seine Duftwelt ähnelt frappierend und begeisternd dem Silvaner von "Wein von 3", vielleicht geht sie mehr in Richtung Holunderblüte. Im Mund ist dann die Luft raus. Etwas Zitrus, Kiesel, Orange im Nachgang, alles sehr zurückhaltend und sich nur zögerlich entfaltend; schlanke, aber auch kraftlose Struktur - nach der Begrüßung durch den Duft bleibt nur Enttäuschung übrig. Nicht zu rezente Begleitung ist dringend empfohlen, damit die Frucht etwas Vergnügen schenken kann. Kein Fehlkauf, aber wegen Silvanern muß man die Pfalz wirklich nicht bereisen.

Winzervereinigung Freyburg-Unstrut, Freyburg, Saale-Unstrut:
2014 Silvaner trocken

Sehr lustig waren die verlegenen Blicke in der Runde, bevor ein Teilnehmer es wagte, das Wort auszusprechen: Uringeruch. Mit gutem Willen mag man sonst noch Feuerstein erschnuppern, grüne Noten von Spargel kommen hinzu, insgesamt wirkt der Wein staubig. Im Mund sehr leicht, fast körperlos, dank fehlender Aromatik definitiv belanglos und am Gaumen unangenehm glatt. Immerhin ist der Freyburger dann ohne jeden Nachhall weg, und das ist in diesem Fall gar nicht so schlecht. Silvaner lacht. Dieser hier jedoch weint.

Fürstlich Castell´sches Domänenamt, Castell, Franken:
2013 Casteller 49°44' Silvaner & Traminer trocken

Schon der Duft irritiert, und beim ersten Schluck wird klar, daß der Kunde aufs Glatteis geführt wir. Dieser Wein ist ein typischer Traminer, und der Silvaneranteil versucht, sich mit ganz leisen Akzenten vor dem Ertrinken zu retten. Deshalb keine Wertung, nur unsere dringende Empfehlung an Fürstlich Castell, die Bezeichnung zu ändern!