Auf rund 11 ha baut Markus Bruker die Württemberger Palette, Riesling, Grauburgunder, Sauvignon Blanc, Zweigelt, Syrah und rote Cabernets an. Wir kommentierten in den vergangenen Jahren das Standardprogramm und bei Gelegenheit die seltenen Roten aus der "Illusion"-Linie. Die paßten mit ihrer Stilistik überhaupt nicht ins schwäbische Klischee und machten deshalb viel Spaß. Mit dem Jahrgang 2011 gestaltete Markus Bruker das Programm um und legte mit frischem Marketing den Schwerpunkt auf seine "Spezialweine" mit unerhörten Alkoholgehalten. Heute ist das Angebot klar nach VDP-Schema gegliedert, birgt manch positive Überraschung, und der zwangsläufige Preissprung ist überwiegend berechtigt.
Zunächst zu den frühen Spezialweinen: beginnen wir mit dem 2008 "Illusion" Zweigelt an, einem starken, dichten, schweren Tropfen mit Sauerkirsch- und Gewürzaromen, wobei der Vergleich mit Burgenländern zeigt, daß der hohe Alkoholgehalt herhalten muß, um der "Illusion" zu mehr Substanz zu verhelfen. Zurückhaltender Nachgang, aber interessanter Einstieg in Brukers Heavy Metal Szene. Der 2009er ist von überreifer, pechschwarzer Kirsche bestimmt, herb, überhaupt nicht mehr süß, sehr aromatisch, im Nachgang intensiv nelkenwürzig. Mit dem 2013er Jahrgang kommt Lemberger ins Spiel. Im Duft kräftige rote Waldbeeren, Pilze, feuchte Erde; später wird das Ganze exotisch: schwarzer Pfeffer, Zimt, Schokolade. Im Mund rote Johannisbeere, Zwetschge, florale Noten. Trocken, herb, vollmundig, schillernd, spannend und kein Wein, der schmeicheln will. Der 2016 Black Berry, Anfang 2021 geöffnet, nimmt mit seiner Duftwelt von Kakao, Schokolade, Kirschkonfitüre und einem Hauch Rosmarin ein. Im Mund tanninreich und kompromißlos trocken hat er auch nach den Jahren noch einige Kanten Voll und füllig, aromatisch rotfruchtig und zederwürzig, ordentliche Länge und problematisches Preis-/Leistungsverhältnis. Woraus der 2016er besteht, verrät die Flasche nicht. Der 2011er vereinte Cabernet Sauvignon, Merlot und Cabernet Franc; letzterer hatte mit dem Wechsel des Jahrzehnts den Lemberger ersetzt.
Mit der neuen Generation kamen weitere für die Gegend untypische Weine: Kompliment für die gelungene Aufmachung mit sprechenden Namen, frischer und frecher Ausstattung und Kompliment für diese kompromißlosen Alkohol- und Fruchtbomben. Das treffend benannte 2012 Dickes Ding aus Cabernet Franc und Syrah zum Beispiel wirkt im Vergleich nicht so massiv extrahiert wie eine "Illusion" oder ein "Black Berry" und deshalb auf der Zunge etwas klarer, ist aber nicht weniger schwerer Stoff. Im Jahrgang 2014 sind Merlot und Cabernet Franc zu einem äußerst fruchtigen Paket komponiert, das sich leichter genießen läßt, als Farbe und Stilistik es erwarten lassen.
Die Lagenweine sind beginnend mit der Zahl 500 durchnummeriert, geziert von Geschützen großen Kalibers, und Alkohol und Extrakte machen klar, warum. Hier kommen die schweren Kreationen. Keine Weine für jeden Tag, aber ungemein süffig: der 2011 Lemberger trocken "500", sein Duft dunkel, schwer, tintig, kirschig, im Mund Veilchen, Kräuter, Kakao, Zimt bis in den langen, trockenen Nachgang hinein - er ist aus dieser Serie der zugänglichste und machte 2014 klar, warum die Weine Zeit brauchen, ihre Hitze abzubauen. Der 2011 Spätburgunder trocken "501" ist ein schwäbischer Spätburgunder im wahrsten Sinne. Er kommt nicht feinduftig daher, sondern voll und direkt, überbordend reife rote Früchte, fast schon eine saftige Hamburger Rote Grütze, Gewürze, frische Walnuß. Und beim ersten Schluck hält der Wein sogar, was sein Duft verspricht: feine Gewürznelke, Zimt, Muskat, Kakao, nicht zu süße rote Früchte, sehr langer, schokoladiger Nachhall. Stilistisch nicht unbedingt tief, aber voll, fast dick und seidenweich mit lebendiger Säure. Preislich am oberen Ende dessen, was man für diese Qualität bezahlen muß. Auch der 2011 Zweigelt trocken "502", in der Gegend fast ein Exot, präsentiert sich überfruchtig mit Kirsche, Rumtopf und kräftig mit Pfeffer, Marzipan, Schokolade, dafür ohne jedes Zugeständnis an den leichten Genuß: ein heißblütiger Winterwein. 2015 kamen Sauvignon blanc, Riesling und natürlich Trollinger hinzu.
Bruker ist das typische "Rotweingut" mit über die Jahre stets bemerkenswerten Württemberger Klassikern. Das fängt bei dem dunklen, körperreichen und kräftigen 2008 Trollinger „Alte Rebe“ an - unbedingter Konkurrent für die fantastische "Alte Rebe" vom Sankt Annagarten, geht weiter mit dem 2008 Blauer Spätburgunder trocken: sehr weich, körperreich und tief, gut eingebundene Säure, etwas Holz, das für Spannung sorgt, delikat süße Vanille im Nachgang, süffig und alkoholreich. Und heute sind wir beim 2015 Grossbottwar Lemberger "Alte Rebe" angelangt. Im Hochsommer 2016 erst wenige Tage auf der Flasche, aber dank seiner süßen, lebendigen Frucht mit Vergnügen schon trinkbar.
Brukers Weiße fielen dagegen lange Zeit ab, und deshalb hätten wir den 2014 Sauvignon blanc trocken beinahe übersehen. Die unbescheidene Fruchtsüße geht mit den kräftig grünen Akzenten der Sorte eine intensive, saftige und sehr vergnügliche Verbindung ein. Der Wein für die Terrasse; Begleiter zu Gemüsegerichten wie überbackenem Fenchel, aber gerne auch Alleinunterhalter. Ziemlich glanzvolles Beispiel für weißen Württemberger, und das auch noch aus einem schwierigen Jahr.