Aus einem ursprünglichen Zulieferbetrieb entstand 2013 das Weingut unter Leitung von Jochen Laqué und Philipp Müller, letzterer führt seit Mitte 2024 den Betrieb alleine. Auf immerhin 28 ha regionentypisch schwerer Löss-/Lehm-Böden bauen "diebeiden" zu etwa 70% weiße und auf dem Rest rote Burgunder sowie zunehmend noch eher unbekannte "Piwi"-Sorten an wie z.B. Sauvignac und Satin Noir. Die Burgunder von den ebenfalls zum Weingut gehörenden Kalkstein-Parzellen beim rund 20 km südwestlich von Kleinfischlingen gelegenen Appenhofen bezeichnen die beiden als "Lagenweine", die die Spitze des Programms markieren. Seit 2018 stellt das Weingut auf ökologischen Anbau um, der mit dem Jahrgang 2023 sozusagen Früchte tragen dürfte.

Bei unserem Besuch im Herbst 2022 hat das Weingut immer noch den frischen Charme des leicht chaotischen start-ups. Wer aus Familie und Freundeskreis mit anpacken kann, tut es, und die Abwärtsbewegung der Republik macht den Existenzkampf nicht leichter. Verzichten Sie also auf Verkostungskomfort. Es erwarten Sie gute und zu günstige Weine samt sehr freundlicher Beratung.

Gutsweine - Weiß

Beginnen wir mit dem 2021 Sauvignac trocken: im Duft erinnert uns dieser Exot an Cabernet Blanc aus demselben Züchtungsprojekt: reife, süße Stachelbeere, frisches Gras, grüne Paprika, schwarze Johannisbeere, eine pfeffrige Note, und im recht langen Nachhall wandelt sich die dunkelgrüne Welt in Richtung dunkelrote Campinos. Ein fester, spannender Wein, dessen Einsatzgebiet uns noch nicht ganz klar ist. Als Aperitif könnte er eine gute Figur machen. Im Parallelvergleich von 2021 Grauburgunder trocken" und 2021 Weißburgunder trocken war für uns der Grauburgunder Sieger: kraftvoll, konzentrierte Frucht von Honigmelone, Birne, vor allem Quitte, einem Hauch Stachelbeere und seidenfeiner Mineralik. Der Weißburgunder gab sich nur knapp geschlagen: etwas fülliger, süßer, gefälliger, wenngleich nicht ohne Rasse mit Zitrus, gelbem Steinobst, reifer Birne und feinsalzigem Touch im Nachhall.

Gutsweine - Cuvées

Gleich sieben Cuvées versammeln sich im Programm der beiden, hier nur eine Auswahl: aus den Bouquetsorten Gewürztraminer, Muskateller und Kerner (!) komponiert man, wir ahnen es, ein kraftvoll-dichtes, rosenduftiges, unverschämt süßes Paket mit der Aromatik von Litschi, Bitterorange, türkischem Honig und grünen Akzenten von Thymian und Rosmarin namens 2021 Leuchtstoff feinherb. Als Alleinunterhalter scheint er uns zu dick, als Dessertwein nicht süß und dick genug. Experimentierfreudige kombinieren diesen Wein aber mit Meeresfrüchten - das Wechselspiel salziger Meeresaromen mit der Fruchtsüße könnte spannend werden. Noch so eine Leuchte ist die 2019 Rotwein Cuvée Erleuchtung trocken aus St. Laurent, Cabernet Dorsa und Spätburgunder. Letzterer geht wie so oft in derartigen Grillweinen aromatisch unter, und um einen Grillwein handelt es sich hier: Gewürznelke, Leder, Zimt, Cassis und dunkle Waldbeeren, vor allem Heidelbeere im gewaltigen Duft, starker, beinahe fetter Körper, robust, samtig und süß. Die Erleuchtung benötigt neben Kühlung konkurrierende Röstaromen zur Entfaltung, sonst wird sie eindimensional, und es wird sich keine Erleuchtung einstellen. Ein Krustenbraten, scharf gegrillt, mit Orangen und nur einer Spur echten Zimts dazu, das ist unsere Vorstellung. Sehr weich wird es mit der Rotwein Cuvée Scheinwerfer trocken aus den Cabernets Sauvignon und Dorsa sowie Merlot: Pfeffer und gerösteter Speck geben die Hintergrundmusik zu den reifen schwarzen Beeren der Cabernets und des Merlot. Natürlich auch er ein Grillbegleiter auf der süßen Seite, jedoch voller, konzentrierter, sanfter und einlullender als die Erleuchtung. Ansonsten gilt dasselbe wie zuvor: Kühlung und starke Partner!

Lagenweine

Um eine Lage im weinrechtlichen Sinne handelt es sich beim "Steingebiss" im Moment zwar nicht, aber das Weingesetz wird ohnehin wieder mal reformiert. So ist es auch egal, wenn die Weine nur schmecken. Dieser hier tut das: 2021 Appenhofener Steingebiss Chardonnay trocken . Im Duft tropisch süß mit sehr vorsichtiger Holzaromatik. Rosinen, Wachs, Papikawürze, grüner Apfel. Stark, weich, klar, nicht buttrig. Langer grünfruchtiger Nachhall.

Der 2018 Appenhofener Steingebiss Pinot Noir trocken präsentiert sich im Herbst 2022 derart rau und kantig, daß er auf dem Grat zur Unvergnüglichkeit taumelt. Der Duft nach Cranberries und sauren roten Früchten mit nur einer Ahnung von Vanille zeigt ohne Zweifel, daß hier Anspruchsvolleres als die süßen Cuvées am Start ist, auch wenn ihm Geschmeidigkeit und Tiefe fehlen. Die harten Tannine kleiden den Gaumen schön aus, robuster Körper, festes Säuregerüst, dunkelrote Früchte mit nur hintergründiger Süße, sehr saftig, wasserziehend. Langer, an Port erinnernder Nachhall, aber auch mit einem Hauch Blut. Dann karaffierten wir in der Hoffnung, die Gerbstoffe etwas zu zähmen, stattdessen entwickelte das Steingebiss innerhalb zweier Tage eine immer stärker werdende Altersnote von Herbstlaub, und dann innerhalb nur einer Stunde Pfefferminzduft, den süß-sauer-hefigen Duft von Pumpernickel und jodige Noten. Falls dieser Wein die Spitze des Programms markieren soll, ist man vom höheren Niveau der Pfälzer Pinots weit entfernt.

Zum Abschluß der Reise stellen wir noch einen - viel zu günstigen - stillen Star vor, den 2021 Müller-Thurgau aus der Literflasche. Der saftige Wein braucht mit seinem Duft warmem Apfelkuchens, selbstbewußtem Restzucker und interessanten Noten von süßem Fenchelgrün und weißem Pfeffer, sogar Pfirsich im starken Nachhall, gar keine Begleiter. Ein köstlicher Wein, der es auch einfach so tut, und wir unterstreichen das im verregneten Frühsommer 2024, wo der - für einen MT - inzwischen gereifte Wein Körper sowie fröhlich süße, ganz leicht braune Apfelfrucht entwickelte. Cooles Zeug.