1959 gegründet entwickelte sich das Weingut Hohenbeilstein seit der Übernahme durch Hartmann Dippon 1991 zu einer der wenigen hochklassigen Adressen ökologischen Weinbaus. Mit rund 14 ha Anbaufläche ist Hohenbeilstein einer der größten Betriebe der Gegend und baut Trollinger, Lemberger, Samtrot, Spätburgunder und Riesling an. Dem weitestgehenden Verzicht auf chemische Hilfsmittel geschuldet ist der Anbau pilzresistenter Neuzüchtungen wie Cabernet-Kreuzungen oder Johanniter.

Rotweine

Obwohl das Schlossgut immer wieder als Rieslingspezialist bezeichnet wird, neigen wir eher seinen Roten zu. Der 2010 Trollinger trocken zeigt die Machart der roten Hohenbeilsteiner: aromatisch stark, alkoholisch nicht zu schwer, authentisch in Duft und Geschmack, nicht zu lieblich, nicht zu raffiniert oder kompliziert, kurzum: ehrliche Weine mit hohem Anspruch. Der Trollinger ist von eingekochter Erdbeere und etwas Mandel bestimmt, ein saftig bitterer Akzent begleitet den Schluck, der mit ungewöhnlich langem Nachgang endet. Der 2011er wirkt geschmacklich intensiver. Der restsüß ausgebaute 2011 Trollinger ist aber in dem Jahrgang die Wahl: sehr weich, fast glatt, vollmundig, saftig, fruchtig und fast schon ein Dessertwein - köstlicher Alleinunterhalter. Einen 2016 Trollinger trocken öffneten wir im Februar 2021: im Duft Vanille, aber das wäre ungenau: ausgekratzte Vanilleschote in heißem Pudding, warmer Milchreis mit etwas Zitronenabrieb, Vanillekipferl mit Mandeln treffen es! Im Mund weich, fein, beinahe fragil, elegant, dabei entfaltet sich der Wein massiv und bringt die Weichselkirsche ungeniert in den Vordergrund. Sehr langer Nachhall. Ein Wein für die gehobene Gastronomie der Gegend, wo zarter Rostbraten mit geschmälzten Zwiebeln in dunkler Soße und selbstgemachte Eierspätzle auf der Karte stehen und nichts für die sauerkrautselige Besenwirtschaft. Das gilt in etwa auch für den 2020 Trollinger , nur aus anderem Grund. Der paßt nicht in den Besen, weil er streng, fast asketisch ist, ohne Cremigkeit, dafür mit einem Hauch Kirsche und viel roten Johannisbeerkernen. Angenehm wasserziehender, staubtrockener Nachhall. Ein Wein, der Aufmerksamkeit verlangt und keinen Lärm um sich herum duldet. Den 2021 Muskattrollinger kommentieren wir in der Hitliste

Der 2012 von uns kommentierte Regent ist inzwischen aus dem Programm verschwunden, wobei wir ihm keine Träne nachweinen.

Die Lemberger vom Hohenbeilstein behaupteten sich immer schon mit klarer Frucht, grazilem Körper und Klasse in dieser lembergergesegneten Gegend. Der 2019 Lemberger trocken Edition "J" beeindruckt im ungewöhnlich würzigen Duft mit Kirsche und Wintergewürzen - nicht den üblichen süßen. Im Mund tief, stark, saftig, unbedingt trocken; aromatisch kirschig, herbe Kräuterwürze, alles lange und trocken nachhallend, und mit den richtigen Begleitern (warum nicht einfach selbstgemachte Maultaschen in der Brühe mit frischem Bauernbrot) gibt er feine Süße preis, apropos Preis: er ist sehr mutig bepreist, aber wir wünschen ihm mit seinen Qualitäten den Erfolg, den er verdient.

2007 Cuvee Cabernet QbA trocken aus Cabernet Carbon und Cabernet Carol: saftige schwarze Beeren, etwas Pfeffer und eine reiche Blütensammlung bestimmen den Duft. Im Mund überrollt energische grüne Paprika das Idyll etwas, aber der schwarze Wein ist mit zurückhaltender Weichselkirsche durchaus noch interessant vielschichtig. Angenehm trocken, herb, nicht zu alkoholreich und mit langem Nachgang. Selten gelungene Komposition von Neuzüchtungen.

Weißweine

Der helle 2010 Cabernet Blanc Kabinett trocken - ist einem Sauvignon Blanc Württemberger (sprich: extremer) Machart ähnlich. Im Mund leichte Noten von Stachelbeere und ganz intensive von grüner Paprika, Brennnessel und Holunder. In seiner Jugend wirkte er frisch, beinahe belebend, aber auch leicht grasig und wollte viel Luft bekommen, um sein Bouquet zu entwickeln. Im Spätherbst 2016 hat er eindeutig seinen Umkehrpunkt erreicht, aber eben nicht überschritten: sein Duft firnig, einem Übersee-Chardonnay ähnelnd; im Mund wirkt er trotz beinahe restlos abgebauter Säure immer noch aromatisch kräftig mit nun starker Süße. Damals wie heute in der Liga der Neuzüchtungen viel interessanter als der Johanniter, hier: 2010 Johanniter Kabinett trocken.

Der Jahrgang 2009 war bei der Mikado Weisswein Spätlese mit ihrer pappigen Süße damals nicht unsere Wahl. Der 2011er hat immer noch viel Restsüße und relativ wenig Säure, wirkt etwas zu glatt, er läßt aber immerhin Stachelbeere und scharf-grasige Noten erkennen; Sauvignon Blanc oder Cabernet Blanc scheinen also im Spiel zu sein (woraus Mikado genau besteht, verrät der Meister nicht). Wer einen lieblichen, vielschichtigen und fruchtigen Weißen sucht, ist mit der 2011 Cuvee Mathilde QbA trocken besser bedient. Der 2008 Lemberger Eiswein ist ein sehr weicher, walnuß- und rosinenfruchtiger Dessertwein mit gut eingebundener Säure und von eindrucksvoller Fülle und Tiefe. Unter Dippons (edel-)süßen unser Favorit. Da kommt die zarte, ganz sortenuntypische 2011 Silvaner Auslese “Winterlese” nicht mit.

Dippons Große Gewächse

2007 Hohenbeilsteiner Schloßwengert Spätburgunder “A” QbA trocken GG: sein Duft erinnert an die Frische kühler, feuchter Waldluft, daneben eingelegte Früchte und Holz. Im Geschmack ist er abwechslungsreich, aber mit klarer Linie: sortentypisch fruchtig, leicht pfeffrig, angenehm herb und in der Pause bis zum nächsten Schluck mit dem herausfordernden Bitterton dunkler Schokolade. Wunderbarer Nachgang in Länge und Vielschichtigkeit. 2007 Hohenbeilsteiner Schloßwengert Lemberger QbA trocken GG: tiefdunkel, ungemein facettenreich, vollmundig, samtweich und saftig, tintenschwarzer Duft; im Mund kräftig, würzig mit Pflaume, Zimt, Nelke, Rauch und Röstnoten. Wie der Spätburgunder "A" ist er als bloßer Essensbegleiter zu schade: der Wein selbst muß die Hauptrolle spielen - vielleicht in der späten Stunde mit jenen engen Freunden, die ihn zu schätzen wissen. Ein im Winter 2014 geöffnetes Exemplar des 2007er Lembergers war perfekt und so weit von Altersfirn entfernt wie Alpha Centauri, und gleiches läßt sich von zwei Flaschen im Spätherbst 2016 sagen. Und unser letztes Exemplar öffneten wir im Corona-Winter 2020: an den Rändern seiner tiefroten Farbe ein brauner Saum, ansonsten köstlicher Duft von Pflaumen und Lebkuchenprinten; im Mund stark, schwer, dicht, fruchtig, erdig. Das nächste GG, der 2019er Lemberger, ließ uns mit seiner reduktiven Aromatik von Erdnuß und irritierendem Petrol nüchtern zurück. Vielleicht in fünf Jahren wieder.