Schlossgut Diel, Burg Layen, Nahe:
2008 Dorsheim Burgberg Riesling GG trocken

Der Wein wurde im Sommer 2021 geöffnet. Im Duft nasser Schiefer, Bienenwachs und Honig, der sich in Karamell auflöst, im Mund weich, nur etwas ölig, ohne irritierende Altersnote und durchaus saftig. Sonnengereifte Pfirsiche oder ist es ein Korb voller Aprikosen, Zitronenabrieb, wieder Honig, der immer flüssiger wird, ein Hauch Teer dazu und einmal in die Dose mit den getrockneten Wiesenkräutern hineingeschnuppert. Für das Alter überraschend präsente Säure, wenn auch fein geschliffen - das bei Riesling oft so aufregende Süße-/Säurespiel wird hier nicht mehr gegeben. Recht voller Körper - ein Wein zum Kauen. Im Abgang cremig, der lange Nachhall versteht sich von selbst in dieser Klasse.

Von Racknitz, Odernheim, Nahe:
2006 Niederhäuser Kertz Riesling trocken

Von Racknitz-Weine inspirieren: die in der Runde anwesende Maschinenbauerin fühlt sich an Kühlschmierstoff erinnert, nicht ohne den Kertz in einer Probe im Winter 2013 auf Platz Eins zu setzen. Drei Jahre zuvor - 2010 - hatten wir ihn schon mal auf dem Tisch und waren trotz mäßigen Jahrgangs beeindruckt (siehe unsere Beschreibung bei Von Racknitz). Im Jahr 2016 ist der markante Tropfen noch interessanter: im Duft nasser Stein, Bienenwachs, Zitrusfrüchte. Im Mund feine Balance zwischen mineralischer Bitternote, dem leisen Petrolton, der Süße gelber Früchte und wieder Bienenwachs. Große sensorische Fülle bis in den Nachgang hinein. Die Säure hat sich langsam abgebaut, die Stilistik geht in Richtung ölig. Körperreich, ohne zu erschlagen.

Van Volxem, Wiltingen, Saar:
2010 Riesling „Alte Reben“

Wie alt die „Alten Reben“ sind, ob zehn Jahre oder dreißig – geschützt ist die Bezeichnung ja nicht – wollten wir nicht in Erfahrung bringen, und es ist uns gleich, denn Roman Niewodniczanski scheint einfach nichts falsch zu machen. Ein milder, verführerischer Riesling, schlank, feinnervig, trocken und kräftig, trotzdem saftig. Im Duft Birne und Toast, später fast buttrig; im Mund lieblicher und zugänglicher als der Von Racknitz, aber nicht süß. Apfel, Ananas, Honig, sehr langer fruchtiger Nachgang. Animierend, vielschichtig, komplex, nicht billig und jeden Pfennig wert.

Schloß Johannisberg, Geisenheim, Rheingau:
2009 Riesling trocken „Gelblack“

Die etwas angestaubte Flasche entdeckten wir in einem Supermarktregal, gleich neben Peter Mertes' Liebfraumilch (dem einzigen Wein, der nach Bierrülpser riecht), insofern lag die Perle neben der Sau. Im Duft Pfirsichkompott, nasser Stein, im Mund stark und klar mit Apfel, Grapefruit oder eher Grapefruitzeste, später Honig. Nicht zu süß, präsente Säure, aber fein und ausgewogen. Auf der Zunge sanft und beinahe cremig. Etwa vier Jahre nach Abfüllung begann der Wein seine Jugend zu verlieren und steuerte in Richtung Höhepunkt seiner Entwicklung: Charakter formte sich. Ein Wein zum Hineinhorchen. Hochklassiger Edelfischbegleiter.

Schmitt's Kinder, Randersacker, Franken:
2014 Randersackerer Marsberg "Spielberg" Riesling trocken VDP.Erste Lage

Mit ihrem fröhlichen Logo haben "Schmitt's Kinder" sowieso gleich mal einen Sympathievorsprung. Mit diesem Wein auch: gelbfruchtig, starke, aber perfekt eingebundene Süße, klar definierte bitter-mineralische und warme kalkige Noten. Zurückhaltende Säure und für einen Franken sehr weich und rund, ohne daß der kräftige Riesling-Charakter verloren ginge. Schon im Mund ausdrucksvoll, entfaltet sich der "Spielberg" beim Abgang in seltener Intensität und bleibt endlos präsent.

Bernhard König, Randersacker, Franken:
2020 Randersackerer Pfülben Riesling trocken

"Pfülben" ist der althochdeutsche Begriff für Kissen und sprechender Name dieser fränkischen Spitzenlage. Die Reben hier werden von der Sonne gleich doppelt geküsst: einmal wegen ihrer Südwestlage und nochmals durch den Main, der die Sonnenstrahlen wie ein Spiegel zurück in die Hänge wirft. Das merkt man dem Wein an: im reichen Duft süße gelbe Früchte, Pfirsich, Apfel, auch Limette, etwas Brot, Wachs. Feine, bittere Mineralik gleicht die süße Apfelfrucht aus. Ein Wein, der perfekt zu Fisch passt oder einfach so zum Angeln. Sehr feine Säure. Riesling für Rieslingverächter, sollte es sie tatsächlich geben.

Ökonomierat Lind, Rohrbach, Pfalz:
2020 Riesling Granit:

Dieser Riesling liegt in einem Fass, das aus einen massiven Granitblock gehauen wurde, und er zieht aus dem Stein natürlich nicht die bekannten Aromen der Eichenholzreifung (wobei Lind seine Weine gerne auch in 140 Jahre alten Kastanienfässern ausbaut), sondern Mineralien wie Feldspat oder Biotit ohne Umwege über Erdreich und Wurzeln. Das macht aus diesem nicht billigen, aber preiswerten Wein ein süßes, weiches, saftiges und blütenduftiges Vergnügen zum Schlürfen, das Kraft und Substanz nicht missen läßt: Riesling gezähmt.

Reichsgraf von Kesselstatt, Trier, Pfalz:
2012 Saar-Riesling trocken

Aus dem Trierer Vorzeigebetrieb und dessen Spitzenlagen an der Saar stammt dieser herbfruchtige Riesling. Während man in seinem Duft noch eine Ahnung von kühler Lieblichkeit wahrnimmt, ist die Aromatik im Mund von strenger Mineralik, Heu, frischen Kräutern wie Salbei und einem Hauch Pfirsich bestimmt. Kräftige, gerade noch harmonische Säure entfaltet sich druckvoll, intensiv, und der Wein beeilt sich nicht mit dem Abschied. Trocken, saftig und kaum der Alleinunterhalter. Macht viel mehr Spaß in Verbindung mit Gemüseterrinen oder gekochtem Fisch.

Karl-Heinz Hamm, Oestrich-Winkel, Rheingau:
2014 Winkeler Hasensprung Riesling Kabinett trocken

Zum "25. Bio-Jahr" hier der Jubiläumsriesling des Winkeler Öko-Pioniers Hamm. Im Duft Honig in seltener und anhaltender Intensität, Kräuter, überreife Aprikose, im Mund abermals Honig, kandierte Zitrusfrüchte kommen hinzu und schnüren ein delikat-saftiges Gesamtpaket. Feine Struktur, geradezu streichelnde Säure, trotzdem kompakt und kräftig. Schöne Entfaltung am Gaumen und langer, dichter Nachgang. Der Wein wird dem Anlaß gerecht und hat das Potential, auch das 35. Jubiläumsjahr zu ehren. Klassebeispiel deutscher Rieslingkultur.

Alexander Laible, Durbach, Baden:
2019 Riesling ** trocken

Ein Gruß von der Nahe im Duft? Weniger poetisch gesagt Zweiklang von Gesteinsstaub und gelbem Steinobst, vielleicht etwas Feuerstein. Im Mund volle Entfaltung, knochentrocken, streichelnde Säure, reife süße Mirabelle und Aprikose, bittere Note wie Orangenzeste, würziger Akzent vom Zitronenthymian. Etwas kurzer Abgang. Seine Schwere disqualifiziert ihn für die Terrasse: fast ein Wein für den kalten Winterabend.

Aloisiushof, St. Martin, Pfalz:
2016 Riesling trocken "Tradition"

Im Sommer 2020 auf der Höhe seiner Reife entfaltet der fast stürmisch kraftvolle, erfrischende Wein delikate Noten von süßem Pfirsich. Das animiert, hält die starke Säure im Zaum und läßt für die nächsten Jahre Großes erwarten. Wenn man ihm genügend Sauerstoff und Kühlung gönnt, schenkt der Wein jenen Genuß, den man vom Aloisiushof gewohnt ist. Recht kurzer Abgang, aber das schmälert kaum den Eindruck, den dieses Beispiel deutscher Rieslingkunst abgibt.

Maximin Grünhaus, Mertesdorf im Ruwertal, Mosel:
2017 Riesling "Maximin"

Schon wieder so ein Leuchtturm deutscher Rieslingkunst, hier mit einem Riesling für Einsteiger, allerdings zum Einstieg in die Oberklasse. Trocken mit saftiger Säure, zitrusfruchtig, leiser Petrolton, präsente, aber noch feine und animierende Süße, fordernd, spannend, und im Frühjahr 2021 jugendlich frisch. Etwas knapper Nachhall, aber gut, dann muß man eben öfters nippen. Wohltuend schlanke und völlig ausreichende 11 Volumenprozent unterstützen dabei.

Karl-Kurt Bamberger, Meddersheim, Nahe:
2010 Meddersheimer Altenberg

Ein körperreicher, fruchtig-delikater Wein für jene, die es gewaltiger mögen. Steinobst wie Pfirsich, Südfrüchte wie überreife Ananas und Maracuja, abgerundet von etwas Mineralität, Wachs und kaum noch vorhandener Säure. Mit zunehmender Erwärmung verliert sich die Frucht, wird der Wein breit, fett, süß, ölig und entwickelt seine Honignote in Richtung Met, aber auch das ist noch unheimlich "lecker", der Begriff sei verziehen. Begleiter zum Nachtisch, ohne die Wucht üblicher Dessertweine zu besitzen, aber auch Alleinunterhalter, der auf die sanfte Art glücklich und müde macht.

Schreiber-Kiebler, Klein-Winternheim, Rheinhessen:
2012 Riesling 49°52’16,45” N 8°12’32,75” O

Er heißt wirklich so, und man muß nicht lange suchen, wo die Reben für diesen Riesling stehen. Der “Koordinatenriesling” ist ein sanfter, leichter Vertreter; eher der Südfrüchte- als der Zitrustyp, aber nicht zu süß und damit etwas anspruchsvoller als zum Beispiel der Riesling vom Kloster Eberbach. Zurückhaltende Mineralität und Säure - kein Akzent drängt sich vor, aber keiner fehlt. Macht wie der Bamberger glücklich, aber nicht müde. Ein unter Riesling-Weinen selten zu findender Alleinunterhalter.

Trockene Schmitts, Randersacker, Franken:
2014 Marsberg Riesling trocken

Farbenfroh: im Duft gelbe Früchte, weißer Kalk, und durchdringend reife, saftige grüne Äpfel. Im Mund kräftig, kantig, mineralisch und definitiv kein Alleinunterhalter. Wenn es jedoch zum Beispiel um Bratwürste mit Sauerkraut und Bratkartoffeln geht und man keine Lust auf Bier hat, dann ist solch ein Wein der ideale Begleiter: wollte sich einfach nicht niederringen lassen, sondern spielte frech seine süßen, gelben Akzente aus und verabschiedete sich mit sehr langem, intensivem Nachhall. Ein Siegertyp für die kräftige regionale Küche.

Michael Trenz, Johannisberg, Rheingau:
2014 Riesling trocken

Typischer Rheingauer Riesling. Sein Duft erinnert an eine Honigkerze, und zwar keine von den billigen. Auch im Mund überzeugt der Wein mit reicher Honigaromatik, zu der sich mit einigem Luftkontakt reifer Apfel und etwas Kräuter oder getrocknete Wiesenblumen gesellen. Alles andere als fein: auf der Zunge robust, saftig, im Abgang streng und säurestark, was im Frühjahr 2017 aber nur dazu mahnt, die anderen Flaschen noch liegen zu lassen. Und wenn man nicht will? Dann ist es ein Wein, von dessen Kraft man sich nach einem anstrengenden Tag auch heute schon gerne überwältigen läßt.

Simon-Bürkle, Zwingenberg, Hessen:
2015 Riesling Granit trocken

Hochinteressanter Gesteinsriesling, weil er dem Genießer das mineralische Element ungeschminkt und brutal ins Gesicht haut. Während zum Beispiel die Rieslinge des Weingutes Von Racknitz bei aller olfaktorischen Wucht nie das anorganische, steinige, staubige Spektrum verlassen, wabert der Duft des "Granit" unverkennbar im organisch-ammoniakalischen Bereich; für manche schwer zu ertragen, aber direkt, ehrlich und in dieser Intensität selten erlebt. Ein Studienobjekt, das sich - sobald am Gaumen angekommen - zart, feinfruchtig und vergnüglich entfaltet.

Gerhard Aldinger, Fellbach, Württemberg:
2017 Untertürkheimer Gips Riesling „Marienglas“ VDP.Grosse Lage

Ein für Württemberg sanfter, feingeschliffener Riesling, duftig, süß mit Pink Grapefruit, Ananas und vorstechendem, klarem Zitrus, eine Spur Kies dabei. Im Mund beeindrucken die sehr feine Säure, die erst im Abgang zusticht, gelbe Früchte, Apfel, Mandeln, ein mineralischer Akzent fehlt auch hier nicht. Voller Körper, der vom ansonsten kaum schmeckbaren Holzausbau profitiert. Völlige Abwesenheit scharfer, grüner und kräuteriger Akzente, womit der Wein dem modern-gefälligen Württemberger Riesling-Trend folgt. Langer Nachhall. Im Sommer 2019 geöffnet, noch etwas kantig, da jung, aber nicht so jung oder mit derart herausragendem Lagerpotential, daß er nicht jetzt schon mit Vergnügen genossen werden könnte. Das Preis-/Leistungsverhältnis jedoch halten wir für absurd.

Johannes Leitz, Geisenheim, Rheingau:
Riesling trocken (o.J.)

2023er AP-Nr. Reife Mirabellen haben die interessante Eigenschaft, umso herber zu schmecken, je mehr man sich ihrem Kern nähert. Das haben sie mit vielen Menschen gemein, und auch mit diesem zunächst gelbfruchtig süßen Wein, der sich zunehmend trocken und mineralisch entwickelt, bis er sich mit überraschend langem, würzigem Finale verabschiedet. Ohne besonderen Facettenreichtum oder gar Tiefe. Unkompliziert, aber nicht billig. Oder doch: man bekommt diesen Nebenher-Wein einschließlich etwas Klasse und Vergnügen für wirklich kleines Geld bei Aldi Süd. Schöne Entdeckung.

Von Othegraven, Kanzem, Saar:
2014 Wiltinger Kupp Riesling VDP.Grosse Lage

Gekonnte Balance zwischen süßen gelben Früchten, vielleicht ist es auch schon deren Konfitüre, und kräftigem Zitrus. Leise Mineralität ist zunächst eher zu erahnen als zu schmecken und kommt dann immer deutlicher hervor. Die sehr feine Säure, der lange und facettenreiche Nachgang mit Apfel und Bienenwachs retten den Wein davor, zur Limonade zu werden. Uns viel zu süß, aber handwerkliche Perfektion und Klasse müssen wir ihm zugestehen. Außerdem: acht Volumenprozent Alkohol vereinfachen den Trinkgenuß enorm.

Kloster Eberbach - Hessische Staatsweingüter, Rheingau:
2011 Rauenthaler Riesling Kabinett

Ein ananas-, zitrone-, mangofruchtiger Riesling aus der tropischen Fraktion. Süß, ohne in die Dessertweinklasse vorzustoßen. Leichte Mineralität, sehr gut zu einem geschmacklich völlig stimmigen Paket geschnürt, stilistisch saftig und vollmundig, obwohl mit dem Alkohol zurückhaltend, nicht allzu säurebetont, Nachgang in Ordnung, sehr gutes Preis-/Leistungsverhältnis. Solche Weine markieren Deutschlands führenden Platz unter den Rieslingnationen. Was dem Eberbacher fehlt, ist das klare Wiedererkennungsmerkmal im Vergleich mit den vielen gut gemachten Rieslingen hierzulande, oder einfacher formuliert: wir vermissen Charakter.

Bürklin-Wolf, Wachenheim, Pfalz:
2011 Wachenheimer Gerümpel Riesling trocken

Wirkt zunächst leicht, wird nach hinten aber enorm gehaltvoll. Wechselspiel zwischen saftigen gelben Steinfrüchten und mineralischer Bitternis. Vollkommen ausgeglichen, kaum und bestenfalls im Nachgang spürbare Säure. Rollt man ihn im Mund, wird er cremig. Kein Dessertwein, denn die Bitternote bleibt präsent. Kühle Temperierung ist wichtig, sonst läuft er auseinander wie Pfannkuchenteig. Wir fühlen uns an Alison Hallets Essay im "The Magazine" erinnert: "grandmotherly implications of popping icecubes into the wine". Auf seine Art ein perfekt gemachter, gefälliger Wein, mit dem man jedem Gast Ehre erweist. In dieser Perfektion wirkt er langweilig od besser gesagt: vornehm zurückhaltend.

Schloß Lehrensteinsfeld, Lehrensteinsfeld, Württemberg:
2010 Riesling Kabinett trocken

Es ist einer der letzten Weine, die Christoph Ruck kelterte, bevor er Schloß Lehrensteinsfeld in Richtung Rux-Wein verließ. Der Wein erfüllte seinerzeit alle Erwartungen an einen Württemberger Riesling aus einem zweifelhaften Jahrgang: dauernd lief man Gefahr, daß er Löcher durch Zunge und Magenwand brennt. Drei Jahre Zeit nach Abfüllung brauchte er, um trinkbar zu werden, und war im Frühsommer 2014 mehr als nur das: Wachs, Honig, gelbe Früchte, eine Spur Gartenkräuter, etwas nasser Stein; vollmundig, intensiv, die Säure viel zurückhaltender. Immer noch alles andere als tiefgründig und fein, aber wenn man die Entwicklung kennt, die er durchmachte: ein beeindruckender Wein.

Mit dem apfelfruchtig-cremigen 15er Jahrgang übrigens zeigte Rucks Nachfolgerin Stephanie Sagasser-Kehrer eindrucksvoll, was sie kann.

Hermann Schmalzried, Korb, Württemberg:
2011 Riesling Spätlese trocken

Der Wein wurde im Januer 2021 geöffnet. Im Duft Kieselstaub, Petrol, später Wachs und Honig. Im Mund wiederum die Petrolnote, ein Hauch Zitrus, angenehme Süße von reifem Kernobst, alles dicht verwoben, sodaß der Wein kompakt wirkt: ein Sattmacher. Mit den Jahren schliff sich der Schmalzried weich und rund, gerade soviel Säure blieb übrig, daß er seine Kontur wahrt und Wasser ziehen kann. Keinerlei Altersschwäche, überraschend stark im Abgang, langer Nachhall mit südfruchtigen Noten. Seit langem tranken wir keinen so interessanten Württemberger Riesling mehr.

M. & R. Kazenwadel, Grossbottwar, Württemberg:
2015 Riesling

Im Duft zunächst ein Schwefelstinker, der sich irgendwann verzieht, warmes Heu, ansonsten tut sich noch nicht viel. Überrascht im Mund jedoch mit feiner, vielleicht zu feiner Säure, spürbarer Mineralik und süßen Noten von junger Aprikose und kräftigen von Zitrone. Nicht zu kühl servieren. Saftig, spritzig und herb trocken und gar nicht mal so kurz, wie man es von einem billigen Wein aus der Literflasche erwarten würde, den man - abgesehen vom Direktbezug im Holzweiler Hof - ohnehin nur auf dem Wochenmarkt findet. Gelungener Alltagswein, der zur Käseplatte und sogar dem gebratenen Lachs mit Zitronenpfeffer eine gute Figur machte.

Fritz Allendorf, Oestrich-Winkel, Rheingau:
2016 Riesling dry "Save Water - Drink Riesling"

Mit dem pfiffigen Slogan hat man einen kurzen Lacher garantiert. Was danach kommt, hängt davon ab: der zitrus- und gelbfruchtige Wein paßt in die fröhliche Sommerrunde auf der Terrasse. Er animiert, ist süffig, hat einen langen, trockenen und etwas grün ausfallenden Nachgang, der sich bei näherem Hineinschmecken als Sauvignon blanc-Beimischung entpuppt - aber wer in dieser Zielgruppe wird das jemals merken - und seine intensive Süße wird von der starken Säure gerade noch so eingefangen, daß der Wein nicht klebrig wird und zu schnell langweilt oder ermüdet. Andererseits ist der Wein völlig unverständlich als "dry" beworben, da möchten wir nicht wissen, wie sein "fruity"-Pendant wohl schmecken mag.

St. Anthony "Heyl zu Herrnsheim", Nierstein, Rheinhessen:
2015 Riesling

Feiner, etwas vordergründiger Honigduft; im Mund zitrusfruchtig, Aprikose, sehr saftig, zunächst leise, dann nach hinten starke Mineralität. Durchaus vollmundig und mit langem, sich schön entfaltendem Nachgang. Bis hierhin alles wunderbar. Für einen Riesling überraschend - oder sollen wir sagen: enttäuschend? - glatt, außerdem läßt der Wein jegliche Tiefe missen. Dann läuft die Geschmackswelt eines derart süßen Weines immer Gefahr, limonadig zu wirken, und aller Trinkgenuß geht flöten. Nein, nichts weniger als mißlungen, aber der hochgelobte 15er Jahrgang hat anderswo mehr drauf.

Rolf Willy, Nordheim, Württemberg:
2013 Nordheimer Sonntagsberg Riesling

Im reichen Duft zunächst Eisbonbon, dann intensiv Ananas und Banane. Braucht etwas Zeit zur Entfaltung und bitte nicht zu kühl servieren. Wir befürchten, daß wie so oft der Geschmack nicht hält, was der Duft verspricht, aber die Exotik setzt sich im Mund fort, die Ananas will nicht weichen (freilich kommt auch nichts anderes mehr). Der Wein ist auf der Zunge dank gut eingebundener Säure saftig, animierend und das vielleicht auch, weil er schon nicht mehr ganz leicht ist. Er wird mit mit der Zeit bitterer (getrocknete Kräuter), interessanter Kontrapunkt zum exotischen Duft. Tiefe hat er nicht, so etwas wie Nachgang auch nicht, und er wirkt mit seiner beschränkten Aromatik spätestens beim dritten Glas langweilig. Deswegen ein Fehlkauf? Keineswegs, und angesichts so manchen roten Willys ist der hier eine Offenbarung.

Ludwig Rilling, Bad Cannstatt, Württemberg:
2012 Riesling trocken "Alter Notar"

Auf diesen Wein vom Cannstatter Urgestein Rilling freuen wir uns und werden nicht enttäuscht. Im Duft geröstetes Weißbrot, Haselnuß, eher auf der grünfruchtigen oder kräuterigen Seite, Gras, vielleicht etwas scheu, mit der Zeit schleichen sich würzig-bittere Noten hinein, irrlichternd, schillernd, spannend! Solchermaßen neugierig gemacht ist die Enttäuschung groß, wenn der Wein im Mund erst flach, adstringierend, schließlich sauer wirkt (sorry, aber wir fühlen uns an Most erinnert) und sofort und ohne Umstände weg ist. Im Spätherbst 2015 geöffnet sollte ein 2012er Riesling, ein Württemberger zumal, die paar Jahre locker weggesteckt haben. Was der Wein dagegen wegsteckt, sind Kraft und Aromatik, den Kunden ratlos zurücklassend. Wird dem Namen Rilling nicht gerecht.