Das Staatsweingut Freiburg ist Aushängeschild und Vermarktungsplattform des staatlichen Weinbauinstituts Freiburg und bewirtschaftet 24 ha in der Ihringer Spitzenlage Doktorgarten und 13 ha in Einzellagen um Freiburg. Die Weine und ihr Drumherum - Produktion, Service, Versand - sind von eindrucksvoller Perfektion, das Verkaufshaus auf dem Grat des Blankenhornsbergs oberhalb von Ihringen ist von mediterraner Schönheit, und aus der Ferne grüßen die Silos des Badischen Winzerkellers.

Nach über zehn Jahren der Beschäftigung mit den Weinen vom "Blankenhornsberg" stellen wir fest, daß die Spätburgunder die sichere Bank sind. Wer sowohl die fruchtig-leichte Machart als auch die voluminös-fleischige liebt, kann unbesehen zugreifen. Die Weißweine benötigen sehr viel mehr Aufmerksamkeit, auch lohnt es hier kaum, sich mit günstigeren Linien oder Neuzüchtungen zu beschäftigen.

Weissweine

Der 2011 Silvaner Kabinett trocken war nicht vom fränkisch-erdigen Typ, sondern vollfruchtig und floral, säurereich, saftig, und trotz des recht kurzem Nachhalls war er ein würdiger Vertreter der Kaiserstühler Silvaner-Traditon. Wir kommentierten zwischen 2012 und 2016 auch mehrere Auxerrois und waren selten angetan, aber das war keine Eigenheit des Blankenhornsbergs, sondern fast überall am Kaiserstuhl der Fall. Erst der 2021er überzeugte uns 2023 an einem warmen Oktobernachmittag oben auf dem Blankenhornsberg: mild, sanft gelbfruchtig, feste Struktur, damit robust als Vesperbegleitung, langer, mirabellenfruchtiger Nachhall, sehr guter und preiswerter Terrassenwein. Auch vom 2010 Ebringer Johanniter trocken waren wir einige Jahre nicht sehr überzeugt: immerhin süß-exotische Aromen von Ananas, Mango, von schlanker, beinahe rieslinghaft mineralischer Art samt dezentem Hauch von Langeweile. Aber ein ganzes Jahrzehnt nach Abfüllung, im Spätsommer 2021, überraschte er mit kräftigem Duft von Ananas, Kräutern und Gemüse, fast wie Suppengrün, nassem Schiefer, und auch im Mund: schieferbitter, fein perlende Säure, saftig, würzig, kraftvoll, mit der Zeit zunehmend weicher, Firn - wir sprechen nicht von Petrol - ließ den Ebringer füllig werden. Feine Rauchnote, Südfrüchte wie Maracuja und Ananas, Rose nach Gewürztraminer-Art. Heiß und zustechend im Abgang, durchaus guter Nachhall, dabei Karamell und Rosinen entwickelnd: großer Genuß, großes Kino. Seit jeher beeindrucken uns vor allem die Weißburgunder vom Blankenhornsberg: 2011 Weißburgunder Kabinett trocken - recht weich, gelbfruchtig, überraschend eigenwillig und zum Glück nicht zu süß mit herbem Nachgang – schönes Spiel der Akzente. Stilistisch von gleicher Art ist der 2016er VDP.Ortswein, bei dem uns jedoch eine präsente Bitternote störte. Die Spitze markiert auch im Winter 2019 noch der 2009 Weißburgunder Blankenhornsberger Doktorgarten GG mit überreich sortentypischer Aromatik, kräuterigen Akzenten, nur etwas Holz, das dem Wein Tiefe und Opulenz verleiht. Kräftig am Gaumen, doch cremig, langer Abgang: eine Köstlichkeit. Der 2011er wirkte schlanker und machte eher dem Kabinett Konkurrenz. Dem 2020er könnte man im Spätsommer 2023 durchaus noch vier Jahre Zeit geben, aber wer die nicht hat, kann auch jetzt schon die Aromatik von Wintergewürzen, Marzipan, Kastanien, etwas Orange und Weihrauch genießen - man ahnt: das ist der Wein für die kommenden Festtage. Bis dahin vertreibt uns der 2019 Freiburger Jesuitengarten Grauburgunder Erste Lage die Zeit. Der war im Hochsommer 2021 noch etwas kantig, im Mund jedoch explosiv birnen- und zitrusfruchtig, und je nach Begleitung würzig, pfeffrig, rassig oder schmeichelnd süß.

Neu der 2019 "Pino Magma" trocken aus einem Drittel Grau- und zwei Dritteln Weißburgunder. „Pino Magma“ (sic!) ist eine Marketingkampagne von insgesamt 14 Kaiserstühler Weingütern und Genossenschaften. Wie heißt es auf dem Rückenetikett:

„Vulkangestein, Wärme, Winzerkunst - Nirgendwo sonst entfaltet sich die feine Eleganz der Pinottrauben so hervorragend wie im Kaiserstuhl. Pino Magma vereint all dies zu einem einzigartigen Weinerlebnis, dem sich ausgesuchte Winzer der Region verpflichtet fühlen.“

Das Staatsweingut Freiburg gehört zu den ausgesuchten, und jeder Teilnehmer kombiniert-komponiert unter dem gemeinsamen Slogan, jedoch mit eigener Handschrift, Grau- und Weißburgunder zu seiner trockenen „Pino Magma“-Variante. Ziel ist, die Eigenart der Burgunder und das vulkanische Terroir überregional bekanntzumachen, soweit die Theorie. Praktisch haben wir einen würzigen, fruchtigen und für einen unkomplizierten Wein recht tiefen Tropfen im Glas. Aromatisch süßer, grüner Apfel, Weinbergpfirsich, zartes, salziges Finish, und zusammen mit dem Abril der interessanteste aus dieser Reihe. Auch wenn das nicht viel heißt.

Rotweine

Der in der Klasse der "Alltagsweine" spielende 2015er VDP.Ortswein ist ein zwetschgenfruchtiger, extrem saftiger und vollmundiger Wein mit stark schwarzpfeffrigem Akzent und einem Potpourri getrockneter italienischer Kräuter. Unbedingt sein Geld wert trotz des mittlerweile beachtlich gestiegen Preisniveaus im Blankenhornsberg. Die tiefdunkle 2007 Spätburgunder Spätlese trocken aus der Spitzenlage Doktorgarten war ein saftig-kräftiges Beispiel für die Aromenwelt der vorweihnachtlichen Küche: Vanille, Nelken, Zimt, Kardamom, rauchige Noten, getrocknete Früchte, helle Schokolade, und der gekonnte Barriqueausbau sorgte für das Quentchen Toast und angenehme Weichheit. Auch der 2010 Spätburgunder GG Barrique war ein Meisterstück: im Duft Kirsche, Zwetschge, Holz, Pfeffer, Nelke, Zimt, es mag nicht enden. Im Mund explosive Entfaltung starker Frucht- und Holznoten, zunächst hitzig, dann weich und im Abgang ungemein kraftvoll. Natürlich: ein schwerer und schwierig zu trinkender Wein, dabei markieren 13 Vol% heute gar nicht mehr die Grenze des Erträglichen. Auch in dieser Klasse hält der Blankenhornsberg über die Jahre eindrucksvoll das Niveau: der 2015er duftet ebenso würzig-exotisch, wirkt im Mund seidenweich, schmeichelnd, südfruchtig süß und täuscht spielend über seine enorme Kraft hinweg. Machte ab 2018 mit jedem Jahr mehr Spaß und wirkt im Winter 2022/2023 kein bißchen müde. Sein Nachfolger von 2017 hat das Zeug, in seine großen Fußstapfen zu treten. Insgesamt: große Gastronomieweine.

"Bacat" steht für "Badisches Cuvee alternativer Traubensorten". So ist der Bacat Rot QbA trocken (o. J.) eine Querlese von Freiburgs roten Neuzüchtungen, nicht weniger als fünf versammeln sich hier: Cabernet Carbon, Cabernet Carol, Cabernet Cortis, Monarch und Prior. Alles weitere verläuft erwartungsgemäß: dunkelvioletter, schwerer Duft von Schwarzkirsche, Lakritz, etwas Rumtopf, im Mund locker, leicht, Brombeeren, Blaubeeren, die üblichen Zähneblaumacher, nach hinten recht lang mit weißem Pfeffer, interessantem Kirschakzent und ausgleichender Bitternote. Stilistisch trocken, sogar adstringierend, feine, am Schluß etwas zustechende Säure, kurzum: die vorhersehbare Duft- und Geschmackswelt roter Neuzüchtungen. Aber natürlich ist dieses Bacat-Sortenpotpourri eine nette Abwechslung, möchte man die Komplexität dieser hervorragenden Spätburgunder einmal abschütteln. Den fruchtig-rauen 2017 Bacat Rosé feinherb tranken wir auf Blankenhornsbergs Sonnenterrasse bei heißem Wetter mit Blick tief hinein in die Vogesen. Paßte.

Süßweine

Die teerduftige 2007 Scheurebe Auslese zeigte reiche, saftige Aromen von Orangeat, Zitronat, Honig, braunem Kandis, kräuterbittere Noten - wir fühlten uns an Wermutblätter erinnert, allerfeinste Säure und in der Textur weich, glatt, dabei gar nicht unbedingt langweilig. Eine Faßprobe der 2011 Muskateller Auslese duftete im Herbst 2012 intensiv, fast beißend, wirkte im Mund schlank, war in sehr seidig und im mittleren Nachgang ebenfalls sanft. Ihre reiche Aromatik blieb geradezu am Gaumen kleben, und diese Bewertung gilt uneingeschränkt im Spätsommer 2013: ebenso intensiv und jugendlich frisch. Schließlich zur 2011 Solaris Beerenauslese. Solaris ist eine frühreifende Sorte, was heutzutage in Richtung August geht - oder sollen wir nach den Erfahrungen der letzten Jahre sagen: Juli? Im Duft Passionsfrucht und Blutorange, im Geschmack fast eindimensional süß, Tropenfrüchte, Honig, feine, gerade noch spürbare Säure. Sehr vollmundig, langer, sehr glatter Nachgang mit klebrigem Nachhall. Auch hier interessante Exotik, mehr scheint die Solaris nicht bringen zu können.

Wir probierten noch 2016 Solaris Auslese und 2015 Muskateller Auslese, wurden damit aber ebensowenig warm wie mit fast allen anderen Kaiserstühler Süßweinen.